Event-Verständnis

Definitionen, Eventziele, Eventmerkmale, Eventformen, Implementierung. Quelle: Zanger, C. erschienen in: Diller, H. (Hrsg.): Vahlens großes Marketing Lexikon, 2. Aufl., München 2001.

Veranstaltungsmarketing

beinhaltet die Planung, Organisation und Durchführung von kulturellen, sportlichen, touristischen, politischen, wissenschaftlichen oder wirtschaftlichen Veranstaltungen unter der Prämisse einer konsequenten Orientierung der Veranstaltungsziele an den Bedürfnissen der Zuschauer resp. Teilnehmer als Kunden durch den Einsatz der Instrumente und Methoden des Marketing. Bei diesem Marketing für Veranstaltungen handelt es sich um einen speziellen Bereich des Dienstleistungsmarketing. Es ist zu unterscheiden zwischen Veranstaltungen mit arbeitsorientiertem Inhalt, wie z.B. Fachmessen, Tagungen und Kongressen, Pressekonferenzen, Aktionärsversammlungen, Tag der offenen Tür und Veranstaltungen mit Freizeitorientierung, wie z.B. Sport- und Kulturveranstaltungen, Festivals, Volksfesten, Publikumsmessen und anderen Massenveranstaltungen. Typisch für das Veranstaltungsmarketing ist sowohl für arbeits- als auch für freizeitorientierte Veranstaltungen eine zunehmende Erlebnisorientierung. In diesem Kontext wird von Events gesprochen. Seit einigen Jahren werden solche erlebnisorientierten Veranstaltungen für das Marketing von Unternehmen verstärkt als Kommunikationsinstrument genutzt. (Eventmarketing).

Eventmarketing

beinhaltet die zielorientierte, systematische Planung, konzeptionelle und organisatorische Vorbereitung, Realisierung sowie Nachbereitung von Events. Events bilden den inhaltlichen Kern des Eventmarketing und können als inszenierte Ereignisse in Form von Veranstaltungen und Aktionen verstanden werden, die dem Adressaten (Kunden, Händler, Meinungsführer, Mitarbeiter) firmen- oder produktbezogene Kommunikationsinhalte erlebnisorientiert vermitteln und auf diese Weise der Umsetzung der Marketingziele des Unternehmens dienen. Events, die dieser Zielstellung dienen, werden zur inhaltlichen Abgrenzung von sonstigen erlebnisorientierten Veranstaltungen (z. B. Open-Air-Konzerte oder Opernfestspiele) auch als Marketing-Events bezeichnet.Angesichts sich verschärfenden Wettbewerbsdrucks und zunehmenden Versagens massenmedialer Kommunikation sehen vor allem Unternehmen aus allen Wirtschaftsbereichen im Event ein innovatives Kommunikationsinstrument, das neue Wege zu Kundendialog und emotionaler Kundenbindung eröffnet.Eventmarketing versteht sich aus dieser Perspektive als organisatorisch selbständiges Arbeitsfeld der Unternehmenskommunikation, das jedoch inhaltlich integrierter Bestandteil des ganzheitlichen Marketingkonzepts eines Unternehmens ist. Dabei muß das Eventmarketing in seinen Kommunikationsinhalten synergisch mit den anderen Kommunikationsinstrumenten, wie klassischer Werbung, PR, oder Sponsoring verzahnt sein. Dies ist nur erreichbar, wenn Events in ihrer strategischen Dimension verstanden werden, die deutlich über das häufig in der Unternehmenspraxis verfolgte operative Ziel der Kundenunterhaltung hinausgeht. Marketingevents werden in diesem Sinn gezielt als strategisches Kommunikationsinstrument im Dienste der Marketingpolitik des Unternehmens eingesetzt und orientieren dabei auf zwei

Zielebenen
  • Operative Ziele, die sich vorrangig auf kurzfristige Wirkungen richten, sind die Anzahl der Eventteilnehmer, die Relation tatsächliche Teilnehmer zu eingeladenen Teilnehmern, die Direktkontakte zwischen Eventteilnehmern und Unternehmen, der Grad emotionaler Aktivierung, die Intensität der Interaktion und die Dialogbereitschaft der Teilnehmer.

  • Strategische Ziele richten sich auf die mittel- und langfristig positive Beeinflussung der Markenbekanntheit und der Einstellung zur Marke, die Verfestigung emotionaler Markenbilder, emotionale Kundenbindung und letztlich Kaufinteresse und Kaufbereitschaft

Als innovatives Kommunikationsinstrument zeichnet sich Eventmarketing durch eine Reihe von Merkmalen aus:

  • Events sind vom Unternehmen initiierte Veranstaltungen ohne vordergründigen Verkaufscharakter, d.h. nicht Verkaufsförderung oder kurzfristige Verkaufserfolg sind Ziele des Eventmarketing sondern die emotionale Bindung des Teilnehmers an die mit dem Unternehmen bzw. der Marke verbundene Erlebniswelt. Nur dann ist der Event für den Konsumenten glaubwürdig.

  • Events setzen Botschaften der Marketingkommunikation in tatsächlich erlebbare Ereignisse um. Die symbolische Welt einer Marke wird für den Eventteilnehmer zur emotional erlebten Markenwelt. Durch tatsächliches Erleben und eigene Erfahrung kann eine deutlich intensivere Einstellungs- und Verhaltensbeeinflussung erreicht werden als durch massenmediale Kommunikation.

  • Events sind interaktionsorientiert, d.h. die Teilnehmer werden aktiv über die Verhaltensebene in die dargebotene Erlebniswelt einbezogen.

  • Events unterscheiden sich bewußt von der Alltagswirklichkeit der Zielgruppe und bieten auf diese Weise Abwechslungspotential für den Teilnehmer, das zur Aktivierung führt. Die Intensität der Aktivierung liegt in der Größe der Differenz zum Alltagserleben und im Gelingen einer zielgruppenfokussierten emotionalen Umsetzung der Kommunikationsinhalte begründet.

  • Events werden zielgruppenfokussiert ausgerichtet. Dadurch wird mit dem Event ein hoher Grad an Individualität und infolgedessen auch eine hohe Kontaktintensität erreicht. Dialogische Kommunikation mit den Mitgliedern der Zielgruppe wird möglich. Streuverluste, wie für massenmediale, monologisch orientierte Kommunikation typisch, werden deutlich eingeschränkt.

  • Events sind Bestandteil des Konzepts integrierter Unternehmenskommunikation. Sie sind inhaltlich an die Kommunikationsstrategie des Unternehmens gebunden. Die konzeptionelle Vorbereitung sowie die Planung und Organisation der Durchführung von Events sind allerdings ein selbständiges Aufgabenfeld der Kommunikationspolitik, das einer professionellen Bearbeitung bedarf.

  • Die Veranstaltungsformen, die durch das Eventmarketing entwickelt wurden, sind vielgestaltig. Eine Systematisierung kann in den drei Dimensionen erfolgen: dem Erlebnisrahmen bzw. Erlebnisbereich, aus dem den Eventteilnehmern emotionale und physischen Reize dargeboten werden, die Art der Interaktion als Feld der aktiven Einbeziehung des Teilnehmers in die Eventinszenierung sowie die Zugehörigkeit der Teilnehmers zur Eventzielgruppe (vgl. Abb.).
 
   
  In der Marketingpraxis wird vorrangig nach dem Zielgruppenbezug unterschieden in
 
 
  • auf einen breiten öffentlichen Teilnehmerkreis gerichtet Events (s. g. Public Events), in deren Mittelpunkt Endkonsumenten oder Meinungsführer und Medienvertreter als Multiplikatoren stehen,

  • auf einen genau bestimmten, eingeschränkten Teilnehmerkreis gerichtete Events (s. g. Corporate Events), zu denen vorrangig Händler und Franchisenehmer, der Aussendienst sowie Manager und Mitarbeiter des eventveranstaltenden Unternehmens eingeladen werden.
  Nach einer Marktanalyse (Zanger 1999/2000) sind die am häufigsten durchgeführten Typen von Marketingevents im Bereich Public Events auf eine Präsentation der emotionalen Erlebniswelt einer Marke (z. B. Abenteuertouren, Sportwettbewerbe, Road Shows) oder die interaktive Markteinführung neuer Produkte gerichteten Veranstaltungen, bei denen die Aktivierung der Eventteilnehmer unter Verwendung von Elementen aus den Bereichen Kultur, Sport und Abenteuer erreicht wird. Im Bereich Corparate Events werden Präsentations-, Informations- und Motivationsveranstaltungen erlebnisorientiert durchgeführt (z. B. Neuproduktvorstellungen, Kick-off-Meetings zum Start von Projekten, Händler- und Aussendienstwettbewerbe, Firmenkonferenzen und -galas, Incentiv-Reisen für Manager und Mitarbeiter ). Zur Eventinszenierung werden Elemente aus den Bereichen Kultur, Natur und Sport eingesetzt. Eine aktive Einbeziehung der Eventteilnehmer wird häufig über Wettbewerbe erreicht. Als Sonderform gewinnen Messeevents an Bedeutung, die sowohl für einen öffentlichen Teilnehmerkreis als auch für Fachbesucher veranstaltet werden können. Eine hohe Aktivierung junger Zielgruppen erreichen z. Z. Internetevents und Events, die das Internet in die Inszenierung einbinden. Eventmarketing ist ein interdisziplinäres Aufgabenfeld, das ein effizientes Zusammenwirken verschiedener Partner erfordert. Eventveranstaltende Unternehmen kooperieren mit Marketing-Eventagenturen, die neben der Eventkonzeption für die Eventidee und deren Inszenierung verantwortlich zeichnen. I. d. R. übernehmen die Eventagenturen auch die Organisation des Events und die Koordination der Spezialisten, wie z.B. Location-Anbieter, Licht-, Ton- und Bühnentechniker, Künstler oder Catering. Zur Implementierung eines Eventmarketingkonzeptes erscheinen die folgenden sechs Schritte für den Eventerfolg notwendig:
 
 
  • Situationsanalyse und massenmediale Vorbereitung: Den Ausgangspunkt der Implementierung von Eventstrategien bildet die Zielgruppenbestimmung, deren exakte Beschreibung angesichts der zunehmenden Fragmentarisierung der Märkte erfolgsentscheidend ist. Weitere interne und externe Analysen beziehen sich auf langfristige Trends im Konsumentenverhalten, die Eventaktivitäten der Wettbewerber, die eigenen Kernkompetenzen und die der Marke innewohnenden emotionalen Kommunikationsinhalte (emotionaler Markenwert). Im weiteren sind Botschaftsinhalte herauszufinden, die zielgruppenbezogen emotional aktivierend wirken und geeignet sind markenbezogene Erlebniswelten zu schaffen. In den meisten Fällen muß diese Erlebniswelt nicht neu konzipiert werden, sondern es kann auf bereits beim Konsumenten konditionierte innere Erlebnisbilder von Marken (z. B. Marlboro-Cowboy) zurückgegriffen werden.
    Strategische Planung und Inszenierung des Event: Im zweiten Schritt wird eine Eventkonzeption entwickelt, die die emotionale Erlebniswelt der Marke zielgruppenadäquat in Szene setzt. Der Event wird ein um so größeres Aufmerksamkeits-, Aktivierungs- und Erinnerungspotential bei der Zielgruppe besitzen, je deutlicher sich die Inszenierung vom bisher Erlebten abhebt. Voraussetzung dafür ist eine innovative Eventidee. Dabei geht es um Exklusivität und Originalität sowie die Differenzierung gegenüber dem Wettbewerb. Im weiteren muß die Eventidee in ein kreatives Konzept unter Beachtung der Stimmigkeit mit der Kommunikationsstrategie des Unternehmens umgesetzt werden. Besondere Beachtung ist der Vielfältigkeit der im einzelnen zu konzipierenden Aktivitäten und der Interdiziplinarität der beteiligten Partner zu schenken. Für Public Events ist es besonders typisch, dass die tatsächliche physische Aktion nur für einen Bruchteil der Zielgruppe realisierbar ist. Deshalb kann z.B. über breitgestreute Bewerbungsaktionen um die Eventteilnahme die potentielle Möglichkeit des aktiven Mitwirkens am Event grundsätzlich für große Teile der Zielgruppe eröffnet werden.

  • Operative Vorbereitung und Durchführung des Marketing-Event: Neben der strategischen Planung des Marketingevents ist vor allem ein professionelles Management bei der operativen Vorbereitung und Durchführung erforderlich. Das schließt die Auswahl und vertraglichen Bindung von Locations und geeigneten Event-Dienstleistern, die massenmedialen Vorbereitung der Zielgruppenansprache und die operative Steuerung des Gesamtablaufs sowie solcher Einzelbereiche wie Licht- und Tontechnik, Special-Effects, Entertainment, Catering usw. ein. Verantwortlich für diese Aufgaben zeichnet i. d. R. eine Marketing-Eventagentur.

  • Objektivation der Erlebniswelt: Als Merkmal des Eventmarketing wurde die Präsenz der Erlebniswelt der Marke in der Alltagswelt des Konsumenten formuliert. Das kann unterstützt werden durch die Materialisierung der Erlebniswelt in Form von eventbezogenen Produkten (z. B. T-Shirts, Poster). Die Ebene der reinen Kommunikation wird verlassen. Produkte machen als Objekte die Erlebniswelt der Marke begreiflich (Prozeß der Objektivation). Damit wird Kommunikationspolitik unmittelbar in Produktpolitik umgesetzt. Durch diese Objektivation wird die Erlebniswelt aktualisiert und breiten Kreisen der Zielgruppe real zugänglich.

  • Herstellen der massenmedialen Publikumsplattform: Durch die Schaffung einer massenmedialen Plattform für die Publikation von erlebnissynchronen Konsumentenreaktionen und die Nachbereitung von Events in Form von Erlebnisberichten, persönlichen Erfahrungen mit der Marke, Fragen an den Hersteller usw. wird es möglich, die Zielgruppe im großen Maßstab kommunikativ einzubinden. Dadurch wird eine hohe Aktualität der Marke im Alltag der Zielgruppe erreicht. Eventmarketing leistet somit einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung erlebnisorientierter Marketingstrategien.

  • Erfolgskontrolle: Der Erfolg von Marketingevents kann am Grad der Erreichung der geplanten Ziele gemessen werden. Dabei geht es sowohl um den Nachweis der operativen Wirksamkeit von Eventstrategien in Bezug auf Kontaktziele und Aktivierung als auch um die strategische Wirksamkeit für Bekanntheit, Image und emotionale Bindung. Methodisch können sowohl quantitative als auch qualitative Methoden der Erfolgsbewertung zum Einsatz kommen.